Höxter (TKu). Um Naturgärten zu erschaffen, Lebensräume zu schützen und Nischen für die Insektenwelt bereitzustellen, hat sich unter der Führung des Leiters der Stadtgärtnerei, Ralf Haffke, die Initiative „NaturGartenForum“ gegründet. Auf dem Landesgartenschaugelände im Weserbogen stellte die noch junge Initiative, die als Kooperationspartner vom Heimat- und Verkehrsverein und vom LGS-Förderverein unterstützt wird, ihr neuestes Projekt vor. Auf einem 300 Quadratmeter großen Areal werden 60 unterschiedliche heimische Staudenarten angepflanzt, von denen viele schon jetzt als zarte Pflanzen in den Beeten zu finden sind.

Auf sie seien die heimischen Insekten gerade zu spezialisiert. Es bestehe eine gegenseitige Abhängigkeit, die für die Natur von großer Bedeutung sei. Ein kleiner Teich und alte Holzstämme und Äste runden das Angebot für die Bienenarten und anderen Insekten ab, so Haffke. Holz diene als Sonnenplatz oder Eiablage, ein Teich als Wasserquelle. Lebensräume wie Wasser, Holz und Pflanzen hingen eng miteinander zusammen, erklärt Burkhard Beinlich vom „Naturkundlichen Verein Egge-Weser e.V.“. Pflanzen und Lebenwesen haben sich laut dem Experten eng miteinander verzahnt, das Verhältnis müsse ausgeglichen sein, so Beinlich. Durch die Anpflanzung und Entwicklung der Stauden stelle sich in kürzester Zeit Leben im Garten ein, mit dem man nicht gerechnet habe – ein wirkliches Erfolgserlebnis, meint Ralf Haffke, der mit diesem Projekt, dem schon ähnliche Aktionen der Initiative vorausgegangen sind, ein Bewusstsein für heimische Staudenarten schaffen will. „Das zukunftsorientierte Projekt möchte auch als Beginn einer Entwicklung verstanden werden, die ein Umdenken im Garten, aber auch im öffentlichen Grün auslösen soll“, so Haffke. Die Beschaffung der heimischen Stauden sei aber nicht einfach: „Heimische Stauden sind Pflanzen, die hier, aber auch anderswo in Deutschland als Wildform in der Natur vorkommen. Sie sind in ihrer Ursprünglichkeit unverfälscht und nicht durch Züchtung verändert. Die Beschaffung solcher Pflanzen ist derzeit noch problematisch, aber machbar. In Höxter werden sie mit Saatgut in der Stadtgärtnerei selbst aufgezogen“, führt Ralf Haffke weiter aus.

Geplant sei auch eine Wiederansiedlung von historischen Pflanzen wie „Herzgespann“ oder „Osterlutzei“, die zwar in Höxter nicht mehr vorkommen, aber im Kreis Höxter noch vorhanden sind. Dazu werden diese Pflanzen, die schon im Mittelalter zur Zeit der Mönche in Corvey existiert haben, an der Stadtmauer in Höxter an einzelnen Naturstandorten im Rahmen eines anderen Projektes aufgezogen. Über Infotafeln an den geplanten Naturfenstern werde man zur Landesgartenschau im nächsten Jahr ausführliche Informationen darüber erhalten. Weiterhin soll auf dem LGS-Gelände in direkter Nachbarschaft zu den Staudenbeeten noch ein Gemüsegarten entstehen, wo historisches Gemüse angebaut werden soll sowie ein Kompostbereich in unterschiedlichen Variationen. Informationsveranstaltungen und Vorträge in diesem Bereich wie zum Beispiel das „Grüne Klassenzimmer“ sind hier außerdem angedacht. Für dieses und weitere Projekte sucht die Initiative aber noch Kooperationspartner und Sponsoren. Über Zuwachs freut sich Haffke, damit hier mehr „Grün statt Grau“ entsteht, wie es der LGS-Fördervereinsvorsitzende Thomas Schöning mit seinen Worten beschrieb. Der HVV-Vorsitzende Norbert Drews arbeitet mit der Stadtgärtnerei schon länger zusammen. Auch er habe selbst heimischen Stauden in seinem Garten gepflanzt und freut sich über die standortgerechte Bepflanzung auf dem Hauptgelände der Landesgartenschau. LGS-Geschäftsleiterin Claudia Koch und Bürgermeister Daniel Hartmann freut das auch. Sie werben für mehr Helferinnen und Helfer mit grünem Daumen oder wie es in „LGS-Slang“ heißt: „Elferinnen und Elfer“. Man könne viel für sich mitnehmen, wenn man sich am Projekt beteilige - von Informationen bis zum Pflanzentausch, so die städtische Führungsspitze unisono.

Was ist das „NaturGartenForum“ genau? Es ist ein Forum für alle, die sich mit Natur und Garten verbunden fühlen und Zusammenhänge der Natur erkennen, um zu helfen, das Leben in Garten, Feld, Wald und Flur zurückzuholen. Dazu Initiator Ralf Haffke: „Viele Insekten beispielweise rund die Hälfte aller Wildbienenarten, gelten als gefährdet oder bereits ausgestorben. Diese Tiere spielen durch ihre Blütenbestäubung, aber auch als Teil einer Nahrungskette eine zentrale Rolle, wenn es um die Sicherung unserer Nahrungsgrundlagen und um die Bewahrung der biologischen Vielfalt geht. Sie leisten zudem einen entscheidenden Beitrag für den Erhalt unserer vielfältigen Kulturlandschaften. Neben Bienen zählen auch Schmetterlinge, Schwebfliegen, Wespen, Nachtfalter oder Käfer zu den Bestäubern. Sie alle benötigen Nahrung und passende Strukturen für ihre Eiablage. Diese Tiere sind oftmals durch ihre Mundwerkzeuge oder ihren Körperbau an spezielle Blüten angepasst, umgekehrt müssen auch Blütenform und Blütezeit stimmen. So sind sehr spezialisierte Systeme entstanden, in denen beide Partner aufeinander angewiesen sind. Die Aufgabe des NaturGartenForum besteht hier u.a. in der Vermittlung der Zusammenhänge und der Anleitung geeignete Grundlagen für solche Systeme zu erhalten oder zu erschaffen. In Gärten, öffentliche Anlagen, Betriebsgeländen, aber auch Kulturlandschaften können so neue Lebensräume hergestellt oder vorhandene geschützt werden. Entwicklung von Naturgärten mit Hinweisen zum Planen, Bauen und Pflegen sind ein gewichtiges Merkmal der Initiative. Während der Landesgartenschau soll der Ausstellungsgarten der Veranschaulichung dienen, Pflanzen und Möglichkeiten für die Gartengestaltung werden vorgestellt. Lehrreiche Vorträge und Aktionen, sowie Informationsmaterial zum Mitnehmen, sollen zum Nachdenken und Nachmachen anregen. Aber auch über die Landesgartenschau hinaus wird das NaturGartenForum in regelmäßigen Abständen Veranstaltungen in Höxter organisieren, um die Entwicklung zu mehr Natürlichkeit in Gärten, öffentlichen Anlagen und Betriebsgeländen zu unterstützen und zu fördern. Auch wird das NaturGartenForum Ansprechpartner, Vermittler und Akteur rund um die Themen Garten, Grün und Biodiversität sein. Im NaturGartenForum werden Vereinigungen, Organisationen und andere Initiativen eine Plattform finden, gemeinsam an der Entwicklung für eine natürlichere Umwelt zu arbeiten“, erklärt Ralf Haffke.

Fotos: Thomas Kube