Düsseldorf/Kreis Höxter (red). Der Jugend- Landtag ist ein Angebot des Landes für politikinteressierte, junge Menschen, die über drei Tage ein Planspiel nachgehen und die Entstehung einer politischen Leitlinie erarbeiten. Seit zehn Jahren haben so fast jährlich 200 Jugendliche aus ganz Nordrhein-Westfalen die Möglichkeit, sich auszutauschen und in den jeweiligen Fraktionen zu diskutieren, zu arbeiten, aber auch viel Spaß zu haben und gute Gespräch führen zu können. Jeder Jugendliche bewarb sich dafür bei einem Politiker des Landtags und wartete dann auf eine Antwort. Mit etwas Glück und einer aussagekräftigen Bewerbung bekam man dann den jeweiligen Listenplatz und durfte den Politiker in der entsprechenden Partei vertreten.
Auch Jacqueline Grabosch aus Höxter und Franziska Münster aus Beverungen hatten in diesem Jahr die Möglichkeit, am Jungend-Landtag NRW 2019 teilzunehmen, welcher vom 04. Bis zum 06. Juli ging. Diesen ganz besonderen Einblick in die Welt der Politik wurde ihnen durch die Abgeordneten Sigrid Beer und Wibke Brems der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN möglich gemacht. Da Grabosch und Münster beide Mitglieder der Grünen Jugend sind, lag es nahe, ihr Glück bei den Grünen Landtagsabgeordneten zu versuchen.
Beide machten sich dann am Donnerstagvormittag auf den Weg nach Düsseldorf. Trotz langer Fahrt gestalteten sich die vorher abgestimmten Themen wie die des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), und somit grade für Jugendliche vom Lande, als sehr interessant.
Auch bei der Ankunft in der Jugendherberge wurde schon über einige Themen gesprochen. Die Grünen bildeten sich, mit lediglich 14 Plätzen vertreten, zu kleinen Grüppchen, die meist das ein oder andere Vorurteil bestätigten. Hier kamen dann manch Anfragen wie „warum man als Vertreter der Grünen die 200 Kilometer nicht mit dem Fahrrad angereist sei“.
Das Thema „öffentliche Verkehrsmittel“ wurde weiterhin auch bei der Fahrt zum Landtag weit umstritten. „Sollte man mit ÖPNVs anreisen oder doch lieber mit dem Auto? Warum zahlten manche, mit fast selber Kilometerzahl, teilweise das Doppelte für ihr Ticket und wie sah es generell mit dem Verbindungen bei sich zuhause aus?“ waren einige der Fragen.
Nach der Begrüßung durch den Landtagspräsidenten Andre Kuper, teilte man sich zu den einzelnen Fraktionen auf und wählte im jeweiligen kleinen Kreis zunächst die Vorsitzenden und die Schriftführer. Klassischerweise hatten die Grünen eine Doppelspitze, besetzt mit einem FIT- Platz und einem allgemein ausgestellten Platz. Die Vorsitzenden sollten die Partei in den nächsten Tagen vertreten und leisteten einen hervorragenden Austausch mit den anderen Parteispitzen.
„Politik bedeutet Kompromisse schließen.“ Mit dieser Weisheit begrüßte Oliver Keymis, der Vizepräsident des Landtags, alle Anwesenden. Auch erklärte er den prinzipiellen Unterschied der Partei und einer Fraktion. Eine Partei kann alles verlangen, aber was eine Fraktion davon fordert und durchsetzt ist etwas anderes. Darum sei es so wichtig, dass grade die Partei mutige Forderungen stelle.
Nach einem gemütlichen Abendessen ging es mit allen Fraktionsmitgliedern noch zum Rhein- Ufer und der Abend ließ sich mit Diskussionen über Themen über eventuelle Eilanträge und Themenvorschläge, für eine aktuelle Stunde, ausklingen.
Der Freitag wurde dann zur Themenerarbeitung genutzt, indem Experten angehört wurden und man sich in den Fachausschüssen darüber austauschte, welche Standpunkte am überzeugendsten waren. In der Impfpflichtdebatte überzeugte besonders der Standpunkt, dass es bei steigenden Impfzahlen weder notwendig, noch der Eingriff in die Entscheidungsfreiheit verhältnismäßig sei.
Der Ausbau des ÖPNVs wurde ausführlich bearbeitet und neben Lösungsansätzen wie der Ausbau eingleisiger Strecken, einigten die Grünen sich auch noch unter anderem auf den qualitativen Ausbau sowie die emissionsfreie Elektrifizierung des Streckennetzes. Im Austausch mit den anderen Parteien wurde sich dann in der Ausschusssitzung über die einzelnen Punkte ausgetauscht und Versuche gestartet, einen möglichst großen Konsens zu finden und vorab schon mal mögliches Abstimmungsverhalten abzuklären.
Aber auch der Spaß sollte während der Zeit des Jugend-Landtags nicht zu kurz kommen. So sorgten am Abend, neben Gesprächen mit echten Abgeordneten, auch Menschenkicker und Trampoline für einen unterhaltsamen Abschluss.
Der Samstag bestand größtenteils aus dem Plenum, in welchem über alle Anträge abgestimmt wurde. Dabei kam es zu hitzigen Debatten, in welchem sowohl Beleidigungen zur rechten als auch zur linken Seite ausgetauscht und beide Seiten als ideologisch abgetan wurden. Zwar gab es keinen Fraktionszwang, doch ordneten sich die meisten ihrer Partei zu und so nahmen die Redner, welche eine vollkommen konträre Meinung zu Ihrer Partei vertraten, überraschende Wendungen.
Neben grandiosen Rhetorikern und schlagfertigen Reaktionen wurde im Plenum vor allem eines gelehrt: ein respektvoller und sachlicher Austausch ist unabdingbar für eine spätere Kompromisslösung, mit der man schlussendlich nur das Beste für die Bevölkerung erreichen möchte.
So endete der 10. Jugend - Landtag mit dem spontan initiierten Programmpunkt einer Selbstreflexion durch die Parteispitzen. Dabei wurde besonders betont, dass grade eben noch die anderen Parteien ausgebuht wurden, man aber nun lachend nebeneinander sitzt und sich nur das Beste für die verschiedenen Lebenswege wünscht. Denn egal ob man als Frau, Mann, Transgender, Linker, Rechter, großer oder kleiner Politiker dort saß: der Jugend- Landtag ist genauso vielfältig wie die Bevölkerung gewesen. Jeder kann Politik machen, wenn man sich für seine Ziele einsetzt.
Foto: Jacqueline Grabosch