Höxter/Enger (TKu). Ein außergewöhnliches Kulturereignis erwartet Höxter im Sommer 2025: Die moderne Oper "Widukind" wird an vier Abenden im August auf der Weserscholle aufgeführt. Die Vorstellungen finden am 23., 24., 30. und 31. August statt, jeweils vor etwa 500 Zuschauern unter freiem Himmel. Der Vorverkauf hat bereits begonnen. Die Veranstalter besuchten Höxter zur Vorstellung des Programms und zeigten sich begeistert von der Kulisse. "Dieser Ort ist historisch authentisch und damit ideal für die Aufführung", erklärten sie unisono.
Es handelt sich um historischen Stoff mit moderner Interpretation: Die Oper erzählt die Geschichte des Sachsenherzogs Widukind, der gegen den Frankenkönig Karl kämpfte, bevor er sich für den Frieden entschied und taufen ließ. Die Inszenierung auf der Open-Air-Bühne nutzt die natürliche Kulisse der Weserscholle, mit der Weser und der Kilianikirche als eindrucksvollem Hintergrund. Die "Widukind-Oper" ist eines von 44 Projekten, die im Rahmen des Kulturprogramms "1250 Jahre Westfalen" von der LWL-Kulturstiftung gefördert werden. "Was wäre dieses Jubiläum ohne den ersten berühmten Westfalen Widukind?", sagt Regine Krull, Gesamtleiterin des Projekts und Vorsitzende des Fördervereins des Widukind-Museums Enger. Die Oper geht über die historischen Schlachten hinaus und zeigt Widukind als einen Menschen, der seine Angst vor dem Neuen überwindet und durch seinen mutigen Schritt den Weg für Frieden ebnet.
Besonders bemerkenswert ist die Besetzung: Widukind wird von der koreanischen Sängerin Yewon Kim gespielt. Diese Entscheidung unterstreicht Widukinds außergewöhnliche Persönlichkeit und hebt die Universalität seines inneren Kampfes hervor. "Widukind ist ein moderner Mensch, ein Zweifler, der seine Angst überwindet", erklärt Autorin und Regisseurin Birgit Kronshage. Auch die musikalische Gestaltung ist innovativ. Komponist Thomas Lotz kombiniert mittelalterliche Klänge mit romantischen und modernen Elementen aus Rock und Pop. "Mir war es wichtig, Musik zu schaffen, die Freude bereitet – auch Opernneulingen", sagt Lotz. Die Oper, die bereits 2022 in Enger mit großem Erfolg uraufgeführt wurde, gewann zwei Kulturpreise.
Esther Hünnekens, Konzertagentin des Detmolder Kammerorchesters, betont die Bedeutung des Aufführungsortes: "Die Geschichte Widukinds und Karls des Großen in Sichtweite des Weltkulturerbes Corvey und des historischen Schlachtfelds am Brunsberg darzustellen, ist spektakulär." Schon 775 fand in Godelheim eine bedeutende Schlacht statt, bei der die Franken die Weser überquerten. Technisch stellt die Open-Air-Inszenierung eine Herausforderung dar. "Die Akustik ist natürlich eine ganz andere als in einem Opernhaus", erklärt Gesamtleiterin Regine Krull. Doch das Experiment verspricht eine außergewöhnliche Atmosphäre und erinnert an die Bregenzer Festspiele. Zum Ensemble der etwa zweistündigen Oper gehören 50 Mitwirkende. Neben klassischen Opernelementen mit Arien, Duetten und Chorgesang gibt es gesprochene Passagen, um den historischen Kontext näherzubringen. Die fränkischen Krieger werden von den Bad Oeynhausener Breakdancern "Last Action Heroes" dargestellt. Eine kleine Kostprobe gab Akteur Michael Kapiza aus Engar, der in der örtlichen Breakdance-Szene bekannt ist und auch Kurse dafür gibt. Auch die musikalische Leitung bleibt international: Die aus Korea stammende Dirigentin Olivia Lee-Gundermann wird das Orchester dirigieren.
Widukind auf Tour: Die "Widukind-Oper" wird nicht nur in Höxter, sondern auch in Schmallenberg (5. September, Stadthalle) und Enger (6. und 7. September, Aula des Widukind-Gymnasiums) aufgeführt. Höxters Bürgermeister Daniel Hartmann sieht in der Veranstaltung ein besonderes Highlight: "Die Oper wird die Weserscholle als einzigartige Kulturstätte weiter etablieren." Das Projekt wird von der LWL-Kulturstiftung, dem Regionalen Kulturprogramm NRW, dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW sowie der Stiftung Heckenwerth unterstützt. Schirmherr des Kulturprogramms ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Tickets sind online im Ticketshop des Huxarium Gartenparks oder in der Tourist-Info am Bahnhof Höxter erhältlich. Die Preise liegen je nach Sitzplatz zwischen 30 und 43 Euro, ermäßigte Karten sind ebenfalls verfügbar. Pro Veranstaltung auf der Weserscholle ist Platz für etwa 500 Besucher unter freiem Himmel.
Original Statements zur Widukind-Oper in Höxter von den Verantwortlichen:
Birgit Kronshage, Autorin und Regisseurin:
„Die Idee, diese Oper aus dem Nichts heraus entstehen zu lassen, mag verrückt gewesen sein. Aber sie hatte eine lange Vorlaufzeit. Der Lockdown während Corona und der Durst nach kulturellen Ereignissen machten es dann möglich, dass die Stadt Enger grünes Licht gab für das Projekt. Die Geschichte um Widukind wollte einfach auf die Bühne, das war dem Komponisten Thomas Lotz und mir immer klar, seitdem wir Jahre zuvor begonnen hatten, uns damit auseinanderzusetzen. So wie ich Widukind aus den Geschichten von Regine Krull, bis vor kurzem noch Leiterin des Widukind-Museums in Enger, kennengelernt habe, ist er ein ganz und gar moderner Mensch. Ein Zweifler, der seine Angst vor dem Neuen und Unbekannten überwindet. Solche Menschen braucht es auch heute. Der Handschlag zwischen Karl und Widukind gilt aus heutiger Sicht als der erste echte Friedensschluss in der Geschichte Nordeuropas. Mich hat immer fasziniert, dass da ein Mann war, der gesehen hat, dass das endlose Blutvergießen längst sinnlos geworden ist, dass einer der beiden Gegner jetzt auf den anderen zugehen und dem Töten ein Ende bereiten muss. Unsere Vorstellung von der Geschichte ist, dass Widukind nicht einfach nachgegeben hat, weil Karl mit seinen Streitkräften überlegen war, sondern weil er erkannte, dass er sich nicht bloß einem Mann, einem Volk entgegenstellte, sondern einer neuen Zeit. Dieser Aspekt ist es, der mich immer fasziniert hat. Und nicht nur Widukind, auch Karl ging mit diesem Handschlag ein Risko ein. Beide Gegner stellen sich gegen die Stimmen, die auf ein Fortbestehen der Traditionen pochen und die andere Seite als minderwertig und gefährlich abtun.
Hier begegnen sich zwei Männer, die erkannt haben, dass sie gleichwertig sind, dass sie gar nicht viel unterscheidet außer der Idee vom christlichen Glauben, welche aber auch den Gedanken an Bildung und Fortschritt beinhaltet. Dieser Gedanke soll in die Völker hineingetragen werden, um sie zu befähigen, den Anforderungen der Zeit gerecht zu werden. Es handelt sich um einen Friedensschluss auf Augenhöhe, das ist es, was wir erzählen, und das ist mit dem Blick auf die heutigen Konflikte eine ganz wichtige Botschaft. Die Geschichte holt uns im Moment immer weiter ein, und wir wissen nicht, wohin es uns
noch treiben wird. Ziel unserer Oper ist es, klarzumachen, was für ein Bespiel wir uns an einem solch verantwortungsbewussten Anführer nehmen können, und wie ungeheuer zeitlos diese Geschichte aus dem frühen Mittelalter ist. Dass diese Oper dann tatsächlich auf die Bühne kam, ist der Überzeugung aller Beteiligter zu verdanken, dass es sich lohnt, die Geschichte zu erzählen. Ein Werk erfolgreich zur Uraufführung zu bringen, bedarf des erhöhten Einsatzes aller Beteiligten, zumal wenn es keinerlei gewachsene Strukturen, kein Theater, keine Werkstätten, keine erprobten Räumlichkeiten im Hintergrund gibt. Und hier haben sich nicht nur die Projektleiter besonders ins Zeug gelegt, sondern auch alle Sänger*innen, sowohl im Solo als auch im Chor, alle Tänzerinnen und Tänzer, alle Musikerinnen und Musiker und alle, die in irgendeiner Form im Hintergrund mit Bühnenaufbau, Ton, Beleuchtung, Kostümen, Organisation etc. beschäftigt waren. Die begeisterte Aufnahme durch das Publikum und vier ausverkaufte Vorstellungen in der Werkstatthalle in Enger haben uns recht gegeben. Ich mache seit über 30 Jahren Theater, aber dies wird immer eine ganz besondere Erfahrung bleiben. Und was könnte es Schöneres geben, als die Geschichte nun unter freiem Himmel in direkter Nachbarschaft der Weser und an einem Ort, der eng mit der Historie der Franken und der Sachsen verbunden ist, fortzusetzen?“
Regine Krull (Gesamtleitung/Förderverein Widukind-Museum Enger):
„Was wäre das Jubiläum "1250 Jahre Westfalen" ohne den ersten berühmten Westfalen Widukind? Die Aufführung der Oper WIDUKIND an verschiedenen Spielorten in Westfalen ist für diese Feierlichkeit ein großartiges Event.“
Thomas Lotz, Komponist:
„Schon seit längerem bestand der Wunsch im Widukind-Museum Enger, eine Oper über Widukind in Szene zu setzen. Letztlich haben wir den Entschluss gefasst, eine solche neu zu komponieren, was mich als Komponist natürlich besonders gefreut hat. So bekamen wir die Chance, eine eigene Geschichte zu erzählen – dies in strenger Abstimmung mit der derzeitig aktuellen historischen Erkenntnislage, und eine eigene Tonsprache dazu zu entwickeln, die der heutigen Wahrnehmung des Sachsenherzogs bestmöglich zur Seite steht. Mir persönlich war es wichtig, eine Musik zu schaffen, die den Menschen Freude bereitet – auch solchen, die ansonsten den Weg ins Opernhaus scheuen. Ich bin daher beim Komponieren – entgegen dem zeitgenössischen Trend – unbedingt tonal geblieben, wobei ich dennoch meine, auch einige musikalische Novitäten gefunden zu haben. Dabei bin ich dem Prinzip „Innovation durch Kombination“ gefolgt und habe verschiedenste Klangwelten – mittelalterlich anmutende Weisen, (spät-)romantische Szenarien, Anleihen aus Rock-und Popmusik – sich miteinander vermischen, sukzessive abwechseln und ineinander übergehen lassen. Der Erfolg der Uraufführung 2022 in Enger (drei ausverkaufte Vorstellungen, zwei Kulturpreise, Begeisterung auch bei vielen, die selten oder noch nie eine Oper besucht haben) gibt uns Recht. Nicht wenige der damaligen Besucher wollen die Oper erneut hören und sehen – und bekommen dazu Gelegenheit in der phantastischen Kulisse des Weserufers mitsamt seiner berührenden Natur – ganz in der Nähe jenes Ortes, an dem der Namensvetter und späte Nachkomme des Sachsenherzogs, Widukind von Corvey, die Geschichte dieser Zeit im frühen Mittelalter aufgeschrieben hat.“
Thomas Meyer, Bürgermeister der Stadt Enger, der auch zum Presseterim in Höxter erschienen war:
„Ich freue mich wirklich sehr, dass die Widukind-Oper, die bereits mit dem Kulturpreis des Kreises Herford und dem WWKulturpreis ausgezeichnet wurde, jetzt sogar auf Reisen geht und damit ein noch breiteres Publikum erreicht. Hier passieren gleich zwei ganz tolle Dinge: Im Rahmen des Westfalen-Jubiläums wird die Geschichte der Sachsen um Herzog Widukind wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt und damit ein wichtiges Stück regionaler Identität in Erinnerung gerufen. Zum anderen ist die Oper ja kein trockener Geschichtsbucheintrag, sondern eine künstlerische Auseinandersetzung mit der Thematik und bietet insofern eine spannende und interessante Perspektive auf die historischen Geschehnisse.“
Esther Hünnekens (Konzertagentin Detmolder Kammerorchester)
„Als Konzertagentin (Konzertagentur Münster Klassik) vertrete ich das Detmolder Kammerorchester, das in diesem Projekt ein wichtiger musikalischer Partner ist. Als wir nach geeigneten Veranstaltungsorten für die Widukindoper suchten, schlug ich die Stadt Höxter vor. Ihr historisches Erbe, ihre landschaftliche Schönheit und die hervorragende Infrastruktur sind ideale Voraussetzungen, um ein unvergessliches Ereignis zu inszenieren. Die Aufführung der Geschichte Widukinds und Karls des Großen unter freiem Himmel an der Weser, in Sichtweite des Weltkulturerbes Corvey und des historischen Schlachtfelds am Brunsberg, ist spektakulär. Beispiele wie die Bregenzer Festspiele zeigen, welche Möglichkeiten die Stadt Höxter an diesem Aufführungsort hat, um weit über ihre Region hinaus große Strahlkraft zu entfalten.“
Olivia Lee-Gundermann, Dirigentin und musikalische Leiterin in Höxter
"Die Geschichte des Widukind ist für mich als Koreanerin natürlich zunächst unbekannt. Ich freue mich aber außerordentlich auf die Auseinandersetzung sowohl in geschichtlicher als dann vor allem in musikalischer Hinsicht mit der Vertonung von Thomas Lotz. Dazu schließt sich in der Zusammenarbeit mit dem Detmolder Kammerorchester ein Kreis: Als Studierende habe ich schon viele kleinere Aufgaben für das DKO übernommen und freue mich nun auf mein erstes eigenes Projekt als Musikalische Leiterin mit dem DKO. Und als Sahnehäubchen: Die Zusammenarbeit mit Birgit (Kronshage), wir beide kennen und schätzen uns schon seit meiner Zeit in Detmold."
Max Gundermann, Orchestermanager Detmolder Kammerorchester:
"Für das Detmolder Kammerorchester ist die Oper WIDUKIND 2025 eine zauberhafte Gelegenheit, das Feuer und Können unseres jungen Ensembles nicht nur im heimischen Konzerthaus, sondern auf gleich verschiedenen Opernbühnen unter Beweis zu stellen. Dazu ein interessanter Stoff mit regionalem Bezug, eine frische neue Musiksprache abseits des Standardrepertoires und das Ganze vor hoffentlich tollem Wetter und traumhafter Kulisse - was will man mehr!? So macht uns Arbeit in den Sommerferien große Freude!“
Sabine Paßow (Sopran, Seherin):
„Als Frau des Komponisten der Widukind-Oper, Thomas Lotz und als langjährige Freundin der Autorin und Regisseurin, Birgit Kronshage, war es mir natürlich ein besonderes Anliegen und ein Herzenswunsch bei diesem spannenden Projekt dabei zu sein. Einmal in einer Oper meines Mannes mitwirken zu können, ist schon etwas sehr Besonderes! Während meiner diversen Gastspiele am Theater Bielefeld, lernte ich vor 13 Jahren auch Regine Krull und ihr herrliches Widukind-Museum kennen, in dem ich mehrfach die Ehre hatte, im Konzertsaal mit Frau Kronshage aufzutreten. Dabei ist auch der Gedanke entstanden, irgendwann mal ein musikalisches Projekt über den Sachsenherrscher zu starten. Aus einem Traum, einer Vision, wurde tatsächlich 2022 Wirklichkeit, und ich hoffe, dass diese Oper mit dieser sehr eindringlichen und uniquen Musik weiteren Anklang finden kann, auch über die Grenzen Westfalens hinaus. Meine Rolle als Seherin Widukinds ist sehr speziell, genau so, wie ich Frauenrollen mag. Undurchsichtig, geheimnisvoll, aber in der Dichte und Vielschichtigkeit ihrer Figur über die Maßen präsent. Herrlich, ich freue mich bereits jetzt wieder auf die gemeinsamen Proben und Aufführungen!“
Fotos: Thomas Kube und Daniela Dembert