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Samstag, 30. November 2024 Mediadaten
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Ottbergen (TKu). Im Sommer 2009 stellte die Kartonfabrik Johann Schmidt in Ottbergen ihre Produktion ein. Heute ist die verlassene Fabrik im Herzen von Ottbergen, die eine 400-jährige Geschichte aufweist, nur noch ein „Lost Place“. Im Jahre 1609 entstand in Ottbergen die „Papiermühle“ am Fuße des Stootes. Die hier entspringenden Quellen machte man sich bereits um das Jahr 1000 nutzbar. Das durch einen Damm angestaute Wasser trieb ein oberschlächtiges Wasserrad an, das Getreide für die zum Kloster Corvey gehörenden landwirtschaftlichen Betriebe mahlte. Der Vorgänger der „Papiermühle“ an dieser Stelle war eine Kornmühle. Nach der Erfindung des Buchdrucks stieg der Verbrauch an Papier in großem Maße an. Mit dem Verkauf von handgeschöpftem Büttenpapier erhoffte man sich einen neuen Wirtschaftszweig finanziell nutzbar zu machen. Deshalb wurde im Jahre 1609 die alte Kornmühle in eine Papiermühle umgewandelt. Betrieben worden ist sie von den Brüdern Franz und Dietrich von Kanne aus Bruchhausen, wie wir aus der Ortschronik erfahren haben. Johann Adam Schmidt pachtete im Jahre 1805 die Papiermühle und gründete die Firma Johann Schmidt. Sein Schwiegersohn Otto Meier löste 1880 die Erbpacht ab und erwarb die Mühle als Eigentum. 1921 wurde die alte Mühle abgebrochen und an gleicher Stelle entstand das noch heute existierende Fabrikgebäude. Mit der neuen Fabrik erfolgte 1921 ein großer Einschnitt: Das Unternehmen stellte unter der Geschäftsleitung von Karl Meier auf Kartonproduktion um. Zwischen 1960 und 1975 erreichte die Kartonfabrik ihre Blütezeit, in der die größten Gewinne erzielt werden konnten. Hergestellt wurden Kartons für Buchrücken und Ordner sowie für die Faltschachtel-Produktion. Vor allem der Export war für die Kartonfabrik von großer Bedeutung. 20.000 Tonnen Karton, hauptsächlich für den Lebensmittelbereich, stellte die Kartonfabrik Johann Schmidt in etwa jährlich her. Nach der Jahrtausendwende ging es für das Unternehmen bergab.

Am 07. Februar des Jahres 2000 brannte die Fabrik: Gegen 03.00 Uhr morgens wurde die Feuerwehr alarmiert. Mehr als 160 Papierballen standen in der vorderen Halle der Fabrik in Flammen. Als die Feuerwehr eintraf, schlugen die Flammen bereits aus den Fenstern der Lagerhalle. 70 Feuerwehrleute aus Ottbergen, Bruchhausen, Godelheim und Höxter waren im Einsatz, um der Flammen Herr zu werden, was nach etwa zwei Stunden auch gelang. Brandursache war damals ein technischer Defekt an einer Deckenlampe, die direkt über den Papierballen hing. Der Sachschaden betrug umgerechnet 100.000 Euro. Wir recherchieren weiter in alten Zeitungsartikeln: Im Jahr 2006 geriet die Kartonfabrik nach einigen schwierigen Jahren in unruhiges Fahrwasser. Vor allem die hohen Energiekosten machten dem Unternehmen zu schaffen, so dass schließlich eine Insolvenz unvermeidbar war. Rettung nahte Anfang 2007 aus der Finanzmetropole Frankfurt am Main. Die Hendriksen Aktiengesellschaft, die sich auf „Fortführungslösungen für Unternehmen in Schwierigkeiten“ spezialisiert hat, stellte das notwendige Geld zur Verfügung, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Gemeinsames Ziel war es damals, dass die Kartonfabrik nicht nur das große Jubiläumsjahr in 2009 erreicht, sondern sich auch darüber hinaus am Markt profilieren kann. Am 30. Januar 2009 wurde der Kartonfabrik jedoch der Strom abgestellt. Die Maschinen standen erneut still. Zwei Tage später konnte die Produktion wieder aufgenommen werden. Obwohl man laut der Hendriksen AG schwarze Zahlen schrieb, waren erhebliche Stromkosten aufgelaufen, die nicht beglichen worden waren. Der amtierende Geschäftsführer wurde daraufhin abberufen. Im Monat darauf hieß es in der heimischen Presse, es seien Investitionen in Höhe von 6,5 Millionen Euro geplant. Diese seien laut dem Unternehmen notwendig gewesen, weil die Fabrik über einen völlig veralteten Querschneider verfügte, der die Produktion ausbremste. Für eine moderne Anlage war jedoch kein Platz am bisherigen Standort.

Viele Varianten der Produktionsfortführung sind daraufhin öffentlich diskutiert worden, die jedoch nicht realisiert wurden. Am 31. März 2009 heißt es in der Presse aber schon wieder: „Mittlerweile hinterlässt die Wirtschaftskrise auch beim Ottberger Kartonproduzenten Spuren. Das Unternehmen hat Kurzarbeit angemeldet“. Am 27. Mai 2009 wird bekannt, dass das Unternehmen die Gehälter der Mitarbeiter verzögert zahlt. Aufträge lagen vor. Die Produktion lief, wenn auch mit gedrosselter Kraft, hieß es da in der örtlichen Presse im Frühjahr 2009. Im Juni 2009 zog das Unternehmen die Notbremse. Wegen mangelnder Liquidität für Rohstoffe und Energie wurde eine vorläufige Insolvenz angemeldet. Die Produktion ruhte zunächst und wurde nach kurzer Pause wieder aufgenommen. In den folgenden Monaten überschlugen sich die Pressemeldungen. Während die etwa 60 Angestellten Anfang August noch um ihre Arbeitsplätze bangten, galt der Kampf darum jedoch schon als verloren. Der Insolvenzverwalter teilte den rund 60 Beschäftigten während einer Betriebsversammlung die Schließung des Traditionsunternehmens mit. 55 Beschäftigte verloren sofort ihre Arbeit, fünf Mitarbeiter arbeiteten zunächst weiter, um das Ende der Kartonfabrik abzuwickeln. Kurze Zeit später erloschen die Lichter in der Kartonfabrik. Am 05. Juli 2013 kam die mittlerweile geschlossene Fabrik erneut in die Schlagzeilen. Auch der Einsatz der Feuerwehr war wieder gefragt. Eine Walze aus Gussmetall wurde gesprengt, um die Einzelteile als Schrott abzutransportieren. Für die Sprengung musste kurzfristig auch die Bundesstraße 64 und die Bahnlinie oberhalb der Kartonfabrik vollständig gesperrt werden. Häuser in der unmittelbaren Nähe zur Kartonfabrik sind ebenfalls vorher evakuiert worden. "Während der Sprengung gab es einen unglaublichen ´Rumms´. Scheiben flogen heraus und das Gebäude dehnte sich ganz kurz aus wie ein Luftballon", berichtete Feuerwehr-Einsatzleiter Martin Weskamp, der die Sprengung mit seinen Kameraden von der anderen Straßenseite beobachtet hatte. Die Feuerwehr musste allerdings nicht mehr tätig werden. Es bestand Gefahr, dass die zum Schutz aufgeschichteten Papier- und Strohballen durch die Explosion das Brennen anfangen. Seit her ist es ruhig geworden um das inzwischen fast 100 Jahre alte Fabrikgebäude, das immer weiter verfällt und dessen Besitzer mit den Jahren gewechselt sind. „Es wird Zeit, dass sich endlich was tut und der Schandfleck verschwindet“, berichten uns Anwohner. Abwarten!

Fotos: Thomas Kube

 

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