Holzminden/Höxter (red). Jugendliche in ländlichen Regionen stehen bei biografischen Entscheidungen oft unter wesentlich größerem Druck als ihre Altersgenossen aus der Stadt. Der Grund hierfür ist vor allem eine Doppelbelastung, da sich Landjugendliche nicht nur die Frage stellen müssen, welcher Job zu ihnen passt, sondern auch, ob sie zur Erfüllung ihres Berufswunsches vielleicht ihre Heimatregion verlassen müssen. Zudem sieht sich ein Großteil überfordert mit dem großen und unübersichtlichen Angebot an Berufsorientierungsmaßnahmen. Das Zukunftszentrum Holzminden-Höxter (ZZHH) forscht seit längerer Zeit zu diesem Thema und knüpft mit seinem jüngsten Projekt JOLanDA daran an. Ziel ist es, die Orientierung von Landjugendlichen durch digitale Unterstützungsmodelle zu verbessern.
Bereits seit 2015 forscht das ZZHH intensiv zu Jugendlichen in ländlichen Regionen. Im Projekt H!ERgeblieben wurden Faktoren ermittelt, die zur regionalen Bindung von Landjugendlichen beitragen. Im Rahmen der Studie wurden u.a. frappierende Mängel in der Berufsorientierung festgestellt, die zu diesem Anschlussprojekt geführt haben. Im Projekt „Verbesserung der Orientierungskompetenz von Jugendlichen in ländlichen Regionen bei biografischen Entscheidungsprozessen“ – kurz JOLanDA – geht das ZZHH der Frage nach, wie Landjugendliche bei ihren Entscheidungen besser unterstützt und regionale Nachteile kompensiert werden können. In Kooperation mit der Technischen Hochschule Lübeck soll dann eine digitale Applikation entwickelt werden, die über einen spielerischen Zugang die Jugendlichen abholen und auf die Orientierungsprozesse vorbereiten soll. Die App soll später in der Lage sein auf die individuellen Bedürfnisse und Kenntnisstände der Schüler*innen einzugehen. Dabei ist auch von Interesse, ob Jugendliche auch außerhalb der schulischen Angebote für das Thema interessiert werden können. Geplant sind außerdem Schnittstellen zu realen Institutionen und zu ehrenamtlichen Berater*innen.
„Bisher berücksichtigen die Berufsorientierungskonzepte die regionalen Disparitäten nur selten. Viele Schülerinnen und Schüler werden nicht ausreichend unterstützt und treffen Entscheidungen aus der Not heraus und oft ohne ausreichend informiert zu sein. Mit JOLanDA wollen wir einen Beitrag leisten, diese Jugendlichen gezielt zu unterstützen“, sagt Projektleiterin Prof. Dr. Alexandra Engel von der HAWK in Holzminden. Oft ist Jugendlichen in ländlichen Räumen das Potenzial an Berufsmöglichkeiten gar nicht bewusst. Das führt auf der einen Seite dazu, dass Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben und auf der anderen Seite Jugendliche die Region verlassen, die eigentlich bleiben wollen.
Das ZZHH hat in verschiedenen Kooperationsprojekten, u.a. mit der Berufsbildenden Schule in Holzminden, bereits unterschiedliche Angebote im Bereich digitaler Lernszenarien entwickelt. JOLanDA soll im besten Sinne die Chance der Digitalisierung nutzen und gleichzeitig eine Schnittstelle zu analogen Angeboten bieten. Im Projekt arbeiten die beiden Wissenschaftlichen Mitarbeiter Jan Schametat und Sascha Schenk, die bereits H!ERgeblieben und H!ER gestalten betreut haben.
Neu im Team ist Annika Vergin, die gerade ihren Bachelor of Arts Soziale Arbeit / Sozialpädagogik in Holzminden abgeschlossen hat und nun den Master studiert. In ihrer Bachelorarbeit hat sie sich bereits mit der Berufsorientierung in ländlichen Räumen beschäftigt. Die Bachelorthesis wurde als beste Abschlussarbeit in diesem Semester ausgezeichnet und wird in den Holzmindener Schriften erscheinen.
Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderlinie FH-Sozial geförderte Projekt ging am 01. September an den Start und läuft insgesamt vier Jahre.
Foto: ZZHH