Beverungen (TKu). Das einst prächtige Berghotel „Waldfrieden“ an der B83 mit Blick auf die Weser und das Weserbergland war vor vielen Jahrzehnten ein beliebter gesellschaftlicher Treffpunkt in Beverungen. Heute ist unser Lost Place nur noch eine Ruine, in der Eindringlinge okkulte Schriftzüge an die Wände geschmiert haben und unheimliche Dinge konstruiert haben. Das Betreten des Gebäudes ist nicht gestattet, sogar lebensgefährlich! Die Hotel-Ruine steht heute stellvertretend für Probleme wie Verfall, Leerstand und Arbeitsplatzverlust. Vor fast 30 Jahren wurde das ehemalige Berghotel nach einem großen Brand im Speisesaal geschlossen. Danach folgte ein kurzer Sanierungsversuch, bevor endgültig Schluss war. Die Inneneinrichtung des Hotels ist noch immer vorhanden. Gläser befinden sich noch auf der Theke neben einem Mensch-Ärger-Dich-Nicht-Spiel, sämtliche Zimmer sind möbliert und teilweise noch mit Kleidungsstücken oder anderen Dingen versehen. Doch die gesamte Einrichtung ist von Vandalen verwüstet worden, die sich widerrechtlich dort hinein gewagt haben. Das Betreten des verfallenen Gebäudes ist hochgradig gefährlich, da Böden und Deckenteile bereits eingestürzt sind und der Schimmel an den Wänden blüht. Beverunger Bürgerinnen und Bürger haben in der Vergangenheit beobachtet, dass schon mal Licht in dem verlassenen Haus brennt. Wer oder was treibt hier sein Unwesen? Im Gebäude hatte bereits jemand eine Puppe in einem Kindersarg drapiert mit einer Bibel. Darüber zu lesen waren die Zahlen 666 und ein aufgemaltes Kreuz, einfach gruselig!

Einst ein Hotspot und ein gesellschaftlich angesehener Treffpunkt: Aufgebaut wurde der „Waldfrieden“ an der Hersteller Straße 30 in Beverungen von dem inzwischen verstorbenen Willi Schäfer sen. in den 30er Jahren als Kurhaus „Waldfrieden“. Noch heute existierende Postkarten von 1937 zeigen das einstige Kurhaus als imposantes Fachwerkgebäude mit Blick auf die Weser. Anfang der 50er Jahre wurde das Hotel nach einer großen Erweiterung und Modernisierung in „Berghotel Waldfrieden“ umbenannt. Es wurde zu einem festlichen Ort für die noble Beverunger Gesellschaft. Weiteren Aufwind gab es durch die Bundesgartenschau in Kassel von April bis Oktober 1955. Viele Gäste übernachteten in dieser Zeit im Berghotel. Bedient wurden die Besucher in der 50er und 60er Jahren von gut gekleidetem Personal, das teilweise im Smoking die Gäste bedienten, berichtet Frau Vogt aus Lauenförde, die gemeinsam mit ihrem Mann dort beschäftigt war. Ein Highlight waren beispielsweise auch die Karnevalsveranstaltung der alten Garde von 1956 bis 1982, erzählt die Beverungerin Hannelore Hering, die den Karneval im Hotel und später in der Stadthalle seit 1964 entscheidend mit geprägt hat. „Damals gab es noch keine Stadthalle, deshalb war das Hotel nicht nur ein Ort für Hochzeiten, Geburtstage oder Kaffeeausflüge sondern auch für den legendären Beverunger Weiberkarneval“, sagt Hering. Sie selbst hat dort vor vielen Jahrzehnten ihre eigene Hochzeitsfeier ausgerichtet. Damals sei es ein sehr schönes Hotel mit viel Flair gewesen, sagt die Beverungerin. Aber nicht nur jecke Frauen feierten hier, auch für die Kinder wurden im Waldfrieden Karnevalsveranstaltungen ausgerichtet. Legendär war auch die Rutsche des Hauses, die vom Obergeschoss bis in die Kneipe „Zwischendeck“ führte. Die kleine Kneipe wurde von Josef Sommer alias „Mando“ im Auftrag von Willi Schäfer betrieben.

Mitte der 60er erfolgte nochmals eine Erweiterung des Hotels durch den Anbau von Gästezimmern mit Ausblick auf das Wesertal. Anfang der 70er Jahre übernahm Willi Schäfer jun. das Berghotel vom Vater. In den 70ern gastierten auch zahlreiche Bands in dem Hotel wie zum Beispiel die „Crazy Birds“ oder die “Swing Stars“. Bis in die 80er Jahre war die Blütezeit des Hotels. Zahlreiche Busse steuerten das Berghotel in Beverungen an, um den leckeren Kuchen, Eis oder die legendären Cremetorten bei schönem Ausblick zu genießen. Bevor es mit dem Berghotel rapide bergab ging, gab es noch zwei Besitzerwechsel, dessen Namen auch auf alten Postkarten vermerkt sind. Nachdem die Familie Schäfer das Hotel in den 80er Jahren verkauft hatte, zog sie auf die spanische Kanareninsel Gran Canaria. In der Nacht auf den 15. Januar 1994 folgte dann das schlagartige Aus für den Waldfrieden. Im Gaststättenbereich des Hotels war ein Feuer ausgebrochen, das sich rasch auf den Speisesaal ausgedehnt hatte und gegen 03:15 Uhr von einem Taxifahrer gemeldet wurde. Eine damals 20-jährige Hotelangestellte konnte sich mit einer Rauchvergiftung ins Freie retten. Über Leitern brachten die Feuerwehrleute drei Menschen in Sicherheit und eine Frau mit einem siebenjährigen Kind rettete sich durch ein leerstehendes Zimmer ins Freie. Die Feuerwehren aus Beverungen, Amelunxen, Dalhausen, Herstelle, Würgassen und Höxter kämpften gegen die Flammen. Durch den Brand wurden auch die Hotelräume im Obergeschoss in Mitleidenschaft gezogen. In den folgenden Monaten wurde noch ein Versuch der Renovierung gestartet. Der ausgebrannte Speisesaal ist mit Rigips verkleidet worden. Die Arbeiten wurden jedoch irgendwann eingestellt – das Hotel öffnete nicht wieder. Durch Löcher in den Rigipswänden sind noch heute die verkohlten Wände im Gaststättenbereich zu sehen. Der heutige Besitzer des baufälligen Gebäudes ist nicht mehr in Beverungen ansässig.

Fotos: Thomas Kube