Höxter (red). Wie die versunkene Stadt Corvey den Besuchern gezeigt werden soll und wie der Beitrag der Landwirtschaft zur Gartenschau aussehen wird.
Man nennt es nicht umsonst das Pompeji des Nordens: Selbst Einheimische wissen oft nicht, dass sich im Weserbogen bei Schloss Corvey eine versunkene Stadt verbirgt. „Diese Schätze im Untergrund werden wir bei der Landesgartenschau 2023 erstmals erlebbar machen“, kündigt Geschäftsführerin Claudia Koch an. In der Erde des Weserbogens liegen die Überreste der mittelalterlichen Stadt Corvey: Einst aufstrebend, mit eigener Weserbrücke und dadurch ein unliebsamer Konkurrent für das nahegelegene Höxter. Die Siedlung wurde von den Höxteranern im Jahr 1265 mithilfe des Paderborner Bischofs zerstört.
Zur Landesgartenschau wird das geschichtsträchtige Gelände zum Archäologiepark, der auch über 2023 hinaus als touristische Attraktion bestehen bleiben und kontinuierlich weiterentwickelt werden soll. Über Stege gelangen die Besucher zu den einzelnen Stationen, die sich in kubischen Holzhäuschen befinden. Hörspiele bringen den Besuchern die Geschichte des Ortes näher. „Die historische Figur tritt jeweils in den Dialog mit dem Archäologen“, erklärt Claudia Koch. Ein Kubus beschäftigt sich beispielsweise mit dem Haus des Chirurgen von der Weser. Der war ein angesehener Mediziner, der nach der Studienzeit an renommierten Universitäten des Mittelalters in Paris und Bologna wieder daheim in Corvey praktiziert hatte. „Er soll hier auf dem Markt sogar den grünen Star gestochen haben“, berichtet Claudia Koch. Sein Operationsbesteck wurde bei Grabungen gefunden. Bis vor kurzem waren die Instrumente noch in Speyer in der großen Ausstellung „Medicus – die Macht des Wissens“ zu sehen, zur Landesgartenschau sollen sie nach Höxter zurückkehren.
„Wir wollen die Instrumente mit dem 3-D-Drucker nachdrucken. Kinder können sie dann auf einer Mitmach-Grabung ausbuddeln“, erklärt Claudia Koch. Bei einer elektromagnetischen Untersuchung wurde auch die Lage der großen Marktkirche der Stadt Corvey ermittelt, nachdem das alte Sägewerk darüber abgebrochen worden war. „Mit dieser Technik kann man auch ohne Ausgraben den Grundriss genau lokalisieren.“ Die sensiblen Bodenfunde dürfen nämlich nicht freigelegt werden. „Sie würden durch die Witterungseinflüsse zerstört, warnen uns die Fachleute“, erläutert die LGS Chefin. Sie will jedoch die Achse des Hellwegs auf dem Weserbogen nachbauen lassen. „Das war die Autobahn des Mittelalters“, sagt Claudia Koch. Eine zehn Meter breite Straße, auf der sich zwei Pferdefuhrwerke begegnen konnten.
Folgt man dem rekonstruierten Hellweg, läuft man durch eine bunte Blumenwiese bis zur Ruheinsel im Corveyer Feld, die von einer meterhohen Hopfenheckeumgeben sein wird. „Da gab es mal eine barocke Obstplantage, die wir mit alten Apfelsorten in Kübeln wieder aufleben lassen wollen“, erzählt Claudia Koch. Nicht weit entfernt ist bei Grabungen die Pfahlgründung der früheren Weserbrücke gefunden worden. Die war seinerzeit wohl der Auslöser für den Überfall der Höxteraner auf der Stadt Corvey. „Man neidete den Bewohnern den Brückenzoll“, wie Claudia Koch berichtet.
Das archäologische Feld im Weserbogen habe ein enormes Potential. „Das wird nicht 2023 endgültig fertig sein, sondern der Geschichtspark wird sich über Jahrzehnte weiterentwickeln“, ist sich die Baudezernentin im Höxteraner Stadthaus sicher. Am Geschichtspark befindet sich auch ein Besucherzentrum, mit einem Vorplatz für Veranstaltungen samt Bühne. Hier wird es während der Gartenschau Gastronomie geben und einen Gärtnermarkt, wo die LGS-Besucher Gewächse kaufen können. Nur ein paar Schritte entfernt wird die Blumenhalle gebaut, in der alle zwei Wochen andere Pflanzen zu sehen sein werden. Ein großes Areal im Weserbogen ist für die Landwirtschaft reserviert. „Auf vier Hektar Fläche werden sie heimische Ackerfrüchte und Nutztiere zeigen“, sagt Jan Holsteg, ebenfalls Geschäftsführer bei der Landesgartenschau. „Im Pavillon werden Direktvermarkter saisonale kulinarische Aktionen machen, beispielsweise mit Erdbeeren, Spargel oder Kartoffeln“, berichtet Holsteg. Geplant ist auch ein Spielplatz für ältere Kinder, in den der Siloturm des einstigen Sägewerks integriert werden soll. Der nahgelegene Ausstellungsbeitrag der Naturschutzverbände wird mit einer 170 Meter langen Nieheimer Flechthecke umgeben. Und der Golfclub Weserbergland aus Polle wird auf dem Corveyer Feld eine Golfbahn anlegen, wo man Abschläge ausprobieren kann.
Foto: Stadt Höxter